„Ausgrenzen ist nicht die Aufgabe der Jugendarbeit“ und doch hat die akzeptierende Jugendarbeit genau dies getan. Jugendarbeit nach dem NSU

Ein Kommentar zum Interview mit Stephan Dorschner.

Es sind wahre und vielversprechende Worte – nämlich: „Ausgrenzen ist nicht Aufgabe der Jugendarbeit“ – mit denen Stephan Dorschner im Interview mit JenaKultur seine Ausführungen schließt und einen wohligen Konsens herzustellen vermag. Ein Konsens allerdings, der auf den zweiten Blick schon gar nicht mehr so wohlig erscheint, zieht man den politischen Hintergrund dieser Aussage mit in Betracht.

Stephan Dorschner wurde 1990 zum ersten Jugenddezernenten der Stadt Jena gewählt. Eine herausfordernde Aufgabe, keine Frage. Das ganze Ressort musste neu aufgebaut werden, so auch das Jugendamt. Jugendhilfe und Jugendarbeit wurden wieder unter einem Dach vereint und neue Strukturen geschaffen, um auf die damaligen Anforderungen zu reagieren. Mutig derjenige, der sich dieser Verantwortung stellte. Dass dabei auch Fehler gemacht wurden, ist nachvollziehbar.

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Redebeitrag Seebrück Jena Aktionstag

Jena, 08.04.21

Liebe Leute,
wir, die Gruppe „NSU-Komplex auflösen/Jena“, freuen uns heute hier zu sein und wir unterstützen die Forderungen der Seebrücke Jena mit Nachdruck.
Wir wurden angefragt einen Redebeitrag zu halten – das möchten wir gerne tun. Dabei kann man sich vielleicht fragen: Was hat der NSU eigentlich mit der Seebrücke zu tun? Worin bestehen die Verbindungen zwischen den Forderungen der Seebrücke nach sicheren Häfen sowie Seenotrettung und dem rechtsterroristischen Netzwerk des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, das sich in 1990er Jahren hier in Jena gründete und in den Folgejahren bundesweit mindestens 10 Menschen erschoss sowie mehrere Bombenanschläge und Überfälle verübte?

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Erinnern heißt Kämpfen!

Am vergangenen Freitag, dem Jahrestag des rassistischen Anschlages von Hanau, gedachten über 300 Menschen in der Johannisstraße der Opfer und zeigten sich mit den Überlebenden und Angehörigen und deren Forderungen solidarisch (Links s.u.). In der darauffolgenden Nacht sind mehrere Plakate, welche die Gesichter und Namen der Ermordeten zeigen, in der Innenstadt von Jena beschädigt worden. Teils wurden sie mit einem dreisprachigen Fahndungsplakat der Polizei nach vermeintlich nicht-deutschen Tatverdächtigen aus dem Jahr 2018 überklebt. Wir werten das als einen Angriff auf das Gedenken an die Ermordeten von Hanau und die Solidarität mit den Überlebenden und Hinterbliebenen. Doch diesen feigen Versuch der Umdeutung durch die Angreifenden lassen wir nicht zu.

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1 Jahr nach Hanau

Wir stehen heute gemeinsam hier, am 19. Februar 2021, dem Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau, um der Opfer zu gedenken. Wir stehen an der Seite derjenigen, die Überlebten, und fühlen mit denen, deren Leben von jetzt auf gleich eine tragische Veränderung erfuhr.

Wir trauern um:

Ferhat Unvar,
Hamza Kurtović,
Said Nesar Hashemi,
Vili Viorel Păun,
Mercedes Kierpacz,
Kaloyan Velkov,
Fatih Saraçoğlu,
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin

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Wir klagen an und fordern Taten statt Worte: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!

Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen

Wir klagen an und fordern Taten statt Worte: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!

Am 19.02. jährt sich der rassistische Anschlag in Hanau zum ersten Mal, der viel Schmerz verursachte und eine Kette des Versagens offenbarte. Ein Jahr danach wollen sich die Angehörigen, die Überlebenden, die Betroffenen nicht mit anteilnehmenden Worten, Betroffenheit und Verurteilungen der Tat zufrieden geben.

Die Initiative 19. Februar Hanau fordert dazu auf, mit ihnen gemeinsam zu ERINNERN und AUFKLÄRUNG, GERECHTIGKEIT & KONSEQUENZEN einzufordern. Da wegen der Pandemie leider nicht alle zusammen kommen können, sind wir aufgefordert, auf den Straßen und Plätzen unserer Städte und Dörfer Kundgebungen, Demonstrationen, Gedenkaktionen zu organisieren! Für politische Konsequenzen!

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Kürzungen stoppen! – Aus dem NSU nichts gelernt?!

Als Gruppe „NSU-Komplex auflösen Jena“ lehnen wir die geplanten Kürzungen der  Stadt in den Bereichen Kultur, Soziales und Klimaschutz entschieden ab. Gerade als Stadt, in welcher der NSU entstand, trägt Jena eine besondere Verantwortung. Der vorliegende Entwurf zum Haushaltssicherungskonzept sieht jedoch u.a. Kürzungen bei „Initiativen für Geflüchtete“, beim „Jenaer Stadtprogramm gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Intoleranz“, beim „Integrationskonzept“ und Teilhabeprojekten der Kinder- und Jugendarbeit vor.

Dies steht im Widerspruch zu Lehren, die aus dem NSU-Komplex gezogen werden müssen, und die u.a. in der verstärkten Vernetzung von Menschen mit und ohne Migrationserfahrungen, dem konsequentes Eintreten gegen Rassismus sowie dem öffentliches Agieren gegen extrem rechte Einstellungen und Rechtsterrorismus bestehen.

Mit den geplanten Kürzungen zeigt die Stadt somit auch, dass sie immer noch nicht hinreichend aus dem NSU-Komplex gelernt hat! Eine soziale Politik in der Krise muss vielmehr dem Grundsatz folgen: Wer hat, der gibt. Demnach muss auch die Wirtschaft in die Verantwortung genommen werden. Wir fordern alle Stadträt*innen auf, sich dieser Zusammenhänge zu besinnen und die Kürzungsvorschläge der Verwaltung zurückzuweisen.

Kurzer Rückblick auf die Einweihung des Enver-Şimşek-Platzes in Jena-Winzerla und Ausblick auf das Gedenkjahr 2021

Am Samstag, dem 19.09.2020 war es endlich so weit. 20 Jahre nach dem gewaltsamen Tod von Enver Şimşek am 11.09.2000 in Nürnberg und den Jahren des Leids für die Familie. Zehn Jahre nach dem Bekanntwerden des NSU am 04.11.2010. Vier Jahre nach dem Beginn des Quartiersentwicklungsprozesses in Winzerla, in dessen Rahmen die Idee für die Benennung des bisher namenlosen Platzes oberhalb der Haltestelle Damaschkeweg entstand. Ein Jahr nach dem antisemitischen Anschlag in Halle, ein halbes Jahr nach dem rassistischen Attentat in Hanau. Die Weihe ist ein Zeichen, welches in vielerlei Hinsicht zu spät kommt und doch braucht es diesen Ort der Erinnerung an Enver Şimşek gerade an dieser Stelle und in dem Stadtteil, der als ein wesentlicher Ausgangspunkt für die Sozialisierung und Radikalisierung der Mitglieder und UnterstützerInnen des NSU angesehen werden muss. Die Weihe ist überwiegend geprägt von politischen Vertretern, es spricht der Oberbürgermeister Thomas Nitzsche, ein Grußwort des Bundespräsidenten wird verlesen, gefolgt von Minsterpräsident Bodo Ramelow, dem Generalkonsul der Türkei Serdar Deniz und dem Winzerlaer Ortsteilbürger Friedrich Gebhard. Am Schluss dann die Rede im Namen der Zivilgesellschaft von Pastorin Friederike Costa. Die Veranstaltung beschließt dann die Rede von Abdulkerim Şimşek, dem Sohn des Mordopfers. Er macht deutlich: „Als der NSU im Jahr 2011 aufflog, hat man uns viele Versprechungen gemacht“.

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Verleihung Jenaer Preis für Zivilcourage an Konrad Erben

Wir freuen uns an dieser Stelle die Rede von Konrad Erben, die er anlässlich der Preisverleihung des Jenaer Preis für Zivilcourage am 16.10.2020 hielt, dokumentieren zu können. In seiner Rede analysiert Konrad prägnant rassistische Kontinuitäten sowie das Erstarken autoritärer, menschenfeindlicher und antidemokratischer Einstellungen in Thüringen und darüber hinaus. Zudem spricht er sich für ein angemessenes Gedenken im Kontext des NSU in der Stadt Jena aus. Alles sehr lesenswert – noch einmal herzlichen Glückwunsch, Konrad!

Zur Begründung der Jury für die Verleihung an Konrad heißt es auf der Seite von KoKont:

Den 19. Jenaer Preis für Zivilcourage erhält in diesem Jahr Konrad Erben für die Organisation des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Als Privatperson veranstaltet Erben jährlich etwa zwölf Mahnwachen, die zumeist am Gedenkort vor der Holzskulptur in der Johannisstraße stattfinden. Er verfolgt dabei das Ziel, die Erinnerung an die Ermordeten aufrecht zu erhalten und ein Signal für die Hinterbliebenen und Überlebenden zu setzen. Darüber hinaus wird während der Mahnwachen die Forderung erneuert, auch nach Ende des Gerichtsprozesses den NSU-Komplex lückenlos aufzuklären. Die Laudatio hält Ayşe Güleç, sie ist Pädagogin, Autorin, Kuratorin und forschende Aktivistin und arbeitet an den Schnittstellen zwischen Kunst, Kunstvermittlung, Migration und Anti-Rassismus. Derzeit arbeitet sie als Mitglied des Artistic Teams zur Vorbereitung der documenta fifteen. Sie wirkte als unabhängige Sachverständige in der Enquete-Kommission Rassismus im Thüringen Landtag.

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“Das es so weiter geht, ist die Katastrophe” – Kundgebung gegen rechten Terror – 09.10.2020

Ich spreche im Namen der Jenaer Ortsgruppe des bundesweiten Bündnisses NSU-KOMPLEX AUFLÖSEN. Wir möchten im Redebeitrag Parallelen zwischen dem NSU-Komplex und dem antisemitischen und rassistischen Anschlag in Halle ziehen, um Kontinuitäten zu verdeutlichen und Schlüsse daraus abzuleiten.

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Begleitung der Platzweihe Enver-Şimşek-Platz

Am 19.09.2020, 11 Uhr findet die offizielle Platzweihe des neuen Enver-Şimşek-Platzes im Zentrum Winzerlas statt. Wir wollen diesen Moment gemeinsam mit allen Interessierten begleiten und uns mit den anwesenden Familienmitgliedern von Enver Şimşek solidarisch zeigen und ihm gedenken.

Enver Şimşek wurde am 14. Dezember 1961 in Isparta in der Türkei geboren. Er wuchs in einem Dorf namens Salur auf. Dort lernte er auch seine spätere Frau Adile kennen und lieben, beide heiraten 1978. Wenige Jahre später, im Alter von 24 Jahren zog Enver Şimşek nach Deutschland, Adile folgte im ein Jahr darauf. 1986 kam ihre Tochter Semiya zur Welt, kurz darauf ihr Sohn Abdulkerim. Nach wenigen Jahren als Angestellter machte er sich als Blumenhändler selbstständig. Er arbeitete viel um seinen Lebenstraum zu erfüllen.

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