Aufruf zur Kundgebung am 07.05., 18.30 Uhr, Volksbad Jena
Für die Benennung des Platzes in Winzerla in „Enver-Şimşek-Platz“!
Jena sollte als Stadt, in welcher der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) entstand, wo seine Kernmitglieder und Unterstützter*innen aufwuchsen, dringend diesen Teil der Stadtgeschichte sichtbar machen und aufarbeiten. Ein wichtiger und allererster Schritt dafür wäre das Gedenken an die Opfer.
Dafür liegt gegenwärtig ein guter Vorschlag vor: Erst vor kurzem hat sich der Ortsteilrat in Jena-Winzerla nach einer Bürger*innenbefragung dafür ausgesprochen, einem neu gestalteten Platz an der Max-Steenbeck-Straße den Namen „Enver-Şimşek-Platz“ zu geben. Warum die Benennung nach Enver-Şimşek? Er war das erste Opfer der Mord- und Anschlagsserie des NSU, der 10 Tote zum Opfer fielen. Nach unserem Kenntnisstand begrüßt auch die Familie Şimşek diesen Schritt. Winzerla ist der Ortsteil von Jena, in dem Mitglieder und Unterstützer*innen des späteren NSU sozialisiert wurden, wo sie im Jugendclub akzeptiert waren und Überfälle ausübten. Und bis heute erinnert in diesem Stadtteil nichts an die Opfer des NSU und anderer rassistischer und faschistischer Übergriffe.
Doch die Stadtverwaltung und der Oberbürgermeister sprechen sich gegen den demokratisch legitimierten Vorschlag der Platzbenennung mittels nicht haltbarer Argumente aus. Auf den zivilgesellschaftlichen Impuls zur Sichtbarmachung rassistischer Gewaltopfer geht die Stadt nicht ein. Zunächst hat die Stadt argumentiert, eine Umbenennung würde zu viel bürokratischen Aufwand für Gewerbetreibende am Platz bedeuten. Doch zumindest der Supermarkt am Platz begrüßt die Umbenennung in „Enver-Şimşek-Platz“ ausdrücklich.
Begründungen wie der zu große bürokratische Aufwand für Gewerbetreibende werden auch in anderen Städten immer wieder vorgetragen, wenn Straßen- und Platzumbenennungen gefordert werden, weil die alten Namen an Kolonial- oder NS-Verbrecher*innen erinnern. Solche Umbenennungen sind wichtig, denn Städte- und Straßennamen prägen das Bewusstsein und Alltagsleben der Stadtbewohner*innen, geben Orientierung im räumlichen und historischen Sinn und sind v.a. Ausdruck dessen, an welche Personen und Ereignisse eine Gesellschaft erinnert. Die Benennung des „Enver-Şimşek-Platz“ wäre ein sinnvoller und wichtiger Schritt, Gedenkorte für die Opfer des NSU zu schaffen. Gerade in Winzerla, gerade in Jena wäre es dringend an der Zeit, dies zu tun. Der städtische Gegenvorschlag eine Gedenkplakette an einem Jenaer Jugendclub anzubringen, wird dem ursprünglichen Anliegen nicht mehr gerecht. Er verengt die Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung im Handeln gegen extrem rechte Gewalt.
Die Stadt widerspricht sich selbst, indem sie – wenn schon eine Umbenennung kommen soll – den beliebig anmutenden Namen „Platz der Demokratie“ vorschlägt. Dies ist besonders zynisch, weil sie damit den demokratischen Entscheidungsprozess vor Ort übergeht.
Wir fordern die Stadt auf, die Umbenennung in „Enver Şimşek-Platz“ unverzüglich umzusetzen!
Daher rufen wir zur kritischen Begleitung der Sitzung des Kulturausschusses am 07.05., 18.30 Uhr, am Jenaer Volksbad auf!
Gruppen Decolonize Jena und NSU-KOMPLEX AUFLÖSEN Jena